12.06.2016 - Tag 8 - Saint-Laurent-du-Var -> L'Île Rousse - ca. 60 km
Um 5 Uhr klingelt der Wecker. Wir sind beide nicht sonderlich fit und viel Schlaf gabs trotz Oropax auch nicht. Heute gibt es keinen Kaffee und jetzt auch kein Frühstück. Wir fangen an abzubauen und einzupacken. Gegen kurz vor 6 haben wir alles auf den Motorrädern verstaut und unsere Ausrüstung angezogen. Kopfschmerzen und Müdigkeit sind jetzt auch voll da :wacko: Wir sind nett zu den Platznachbarn und schieben die Motorräder die 20 Meter bis zum Tor. Hier haben wir aber keine Chance, der Fußgängerausgang liegt in einer Steigung und ist sehr eng, wir brauchen die Motoren. Kommen dann aber ohne weiter Komplikationen durch.
Nachdem wir das unerwartet gut geschafft haben und mein Gepäck verzurrt ist, gehts los Richtung Hafen. Es ist praktisch kein Verkehr und die Straße nach Nizza ist drei- bis fünfspurig je Richtung ausgebaut. Die Blitzer zeigt das Navi an und ein paar Einheimische sind unterwegs, an die wir uns heften können. So kommen wir gut voran, irgendwann haben wir auch die grüne Welle an der Uferpromenade raus und es läuft gut. Am Fährhafen angekommen fahren wir heute durch die richtige Schrankenanlage rein und gleich staut es sich, die Personalausweise werden direkt dahinter kontrolliert, einige Autos durchsucht. Wir kommen aber gut durch und stehen bald in der Schlange für unsere Fähre. Dabei haben wir noch keine Tickets. Das erklären wir den Einweisern, die uns zur Motorradschlange durchwinken. Dort stellen wir uns an und gehen dann erstmal zu Fuß ins Terminal die Karten kaufen. Im Terminal gibts sogar einen Kaffeeautomaten, doch der ist leider kaputt.

In der Warteschlange
Zurück an den Motorrädern gehen wir zu Fuß wieder zu den Einweisern, den Aufkleber fürs Motorrad holen, den man auf der Fähre braucht. Dann frühstücken wir aus meinem Topcase heraus. Unsere Fähre die "Mega Express Four" liegt direkt daneben. Irgendwann geht es los, wir werden losgeschickt, nur um an einer anderen Warteschlange wieder anzustehen. irgendwann kommen die Motorräder dann in die Fähre, wir belegen auf dem oberen Parkdeck jede kleine Ecke am vorderen Rand. Roller werden rund um den Müllcontainer für die Schiffsabfälle aufgestellt, die Motorräder an der Wand entlang auf dem Seitenständer in Richtung Wand gelehnt. Verzurren muss man hier selbst, wie wir erfahren und wir wollen das auch tun, aber bei mir ist kein Spanngurt an der Wand angeschlagen. Dafür steh ich quasi direkt neben einem Anker, an dem unten ein Schnur befestigt ist. Dann halt, damit, einmal Schnur über die Sitzbank und um die Fußraste rum muss reichen. Wir erfahren dann von anderen Fahrern dass die Schnüre nur da sind, um die Motorräder auf den Seitenständern zu halten. So eng wie die Autos aber neben uns stehen, könnten die Maschinen eh nicht weit fallen

Die Fähre
Die Fähre selbst ist nicht die neueste und das sieht man ihr auch an. Vor allem aber hört man es. Nach der Abfahrt rappelt und vibriert das ganze Schiff, trotz extrem ruhiger See. Das ändert sich die ganze Fahrt über nicht, nur auf ca. halbem Wege wird das Rappeln plötzlich ein wenig leiser. 5 Stunden Fahrt haben wir vor uns und suchen eine Sitzgelegenheit. Die gibt es allerdings nur in Bars, Restaurants oder auf Deck. Oder man zahlt für einen Platz in einem Ruheraum mit Sesseln oder eine Kabine nochmal extra. Wir gehen erst in eine Bar ganz am Heck und wollen dort einen Kaffee. Auf Lucas Bestellung (Auf Französisch!) fragt der Barista ob es ein großer Kaffee sein soll, was er dann bejaht. Allerdings scheinen die Betreiber der Fähre sehr italienische Vorstellungen von Kaffee zu haben und so bekommen wir etwas, was ich als doppelten oder eher eineinhalben Espresso bezeichnen würde, wenigstens stark.

Fit ist anders
Wirklich fit macht der Kaffee allerdings nicht, also suchen wir uns uns ein ruhiges Plätzchen. Wir werden in einem Verbindungsgang zwischen Treppenhaus und Kabinen-Bereich fündig und legen uns in einer Ecke auf den Boden. Oropax rein und dann versuchen wir noch ein wenig zu schlafen. Luca schaffe das nicht wirklich, ich döse irgendwie noch so 2-3 Stunden. Luca bleibt unruhig und geht das Schiff erkunden. Die Seeluft auf Deck hilft gegen die Kopfschmerzen und das Rumliegen davor half auch ohne echten Schlaf gegen die Müdigkeit. 5 Stunden Fährfahrt ziehen sich ganz schön, aber irgendwann kann man auf Deck in der Ferne Korsika erahnen und dann sind wir auch relativ schnell da.

Blick auf L'Île Rousse bei der Ankunft
Beim Abladen gibt es dann richtig Stau, man kommt nicht in die wenigen, viel zu kleinen Treppenhäuser. Es dauert weit über eine halbe Stunde, bis wir überhaupt ins Treppenhaus kommen und zu unseren Motorrädern können. Dann kommen wir irgendwo im letzten Drittel der Fahrzeuge von der Fähre, so dass wir im Hafen auch kaum vorwärts kommen. Sobald wir in L'Île Rousse (oder auf korsisch: Isula Rossa) raus sind, fahren wir erstmal Planlos aus der Stadt raus, biegen in die nächstbeste kleine Landstraße ein und halten an der ersten Parkbucht an. Die Parkbucht ist eigentlich die Einfahrt zu einem Grundstück, aber hier ist ja kein Verkehr. Endlich da! Und keine Kopfschmerzen oder Müdigkeit mehr! Die Alpen waren ja schon genial, aber jetzt geht der Urlaub richtig los! Das Wetter ist klasse, ca. 30°C, Sonnenschein und ein strahlend blauer Himmel.

Erste Pause auf Korsika
Wir essen dann ein wenig und planen, wie wir weiter fahren. Ich hab eine Michelin-Karte der Insel, welche für den gesamten Aufenthalt unser Planungswerkzeug sein wird. Dann geht es weiter, wir wollen einfach auf den nächsten Berg. Um ein Tagesziel können wir uns später kümmern. Wir stellen fest, dass es auf der Insel wenige Geraden gibt

Aber die Straße ist in schlechtem Zustand und so machen wir ein wenig langsamer als sonst. Aber das sollte nicht reichen. Luca fährt eine einsehbare Rechtskurve. Links Felswand, rechts ein kleines Mäuerchen mit Hecke als Schutz für das Haus, dass daneben ca. ein Stockwerk tiefer im Hang steht. durch das Mäuerchen sieht man den Straßenbelag nicht. In der Kurve lag einmal komplett quer über die Straße ca. einen Meter lang eine Mischung aus Sand und Split. Luca kommt heil durch, dank Benutzung der Gegenfahrspur - falls man das bei einer 4 Meter breiten Straße so nennen darf - mit. Ich habs nicht so gut geschafft, zum Glück hat Luca gerade in den Rückspiegel geschaut und war nicht schon 2 Kurven weiter...

DR down

Am Rand erkennt man den Einschlag des Vorderrades

Aus dieser Rechtskurve kamen wir
Die DR liegt entgegen der Fahrtrichtung im Graben, ich halb daneben, halb drunter. Die DR hat ein paar Metallstangen umgerissen, die eine Schnur zum Ausrichten einer Mauer, die dort anscheinend gebaut wurde, hielten. Die Schnur hing jetzt über der DR. Ich kann glücklicherweise selbst aufstehen und nach einer kurzen Diagnose kamen wir zu dem Schluss, dass es dicke blaue Felcken an Knie und Schulter geben wird und dass vielleicht eine Rippe geprellt ist (Die Rippe hat mir allerdings später keine Probleme gemacht, war also nicht ganz so schlimm). Der Helm hat einige Kratzer abbekommen und die Motorradklamotten waren dreckig. Glück im Unglück: Ich wollte wegen der Hitze meine relativ dicken Handschuhe nach der Pause wegpacken, hab mich dann aber doch dazu entschlossen in voller Montur weiter zu fahren.
Dann machen wir uns an die DR. Die ist mit dem Vorderrad an einem tieferen Loch hängen geblieben, was den Überschlag erklärt, aber uns auch Sorgen wegen der Gabel macht. Nachdem wir sie aus dem Graben geborgen haben, schauen wir uns die Schäden an: Die Gabel ist krumm, aber anscheinend nur und den Klemmungen verdreht. Der Lenker, die Handprotektoren, ein Rückspiegel und die Armaturen sind verdreht, die Scheibe an den Schrauben gerissen (etwas mehr als vorher) und verkratzt. Außerdem hat der vordere Kotflügel Risse und der Hitzeschutz am Krümmer hat eine Delle, der hat wohl eine der Metallstangen getroffen, besser der als ich. Ein bisschen Sprit ist auch noch ausgelaufen und bei einer Seitentasche hat es den hinteren Klettverschluss abgerissen.
Ursache ist schwierig herauszufinden, mein Hinterrad ist auf jedenfall gerutscht, offensichtlich hat es aber wieder halt bekommen.
Wir überlegen, ob wir einen Abschlepper rufen sollen, aber ich will erstmal schauen, ob wir die DR wieder in Gang bekommen. Nach ein wenig Pause und mit weniger Adrenalin ist das immer noch mein Plan, sind schließlich grad erst da angekommen wo wir hinwollten. Luca holt die Bandit von der Straße und packt das Werkzeug, Panzerband und Kabelbinder aus. Mit der Ratsche und der Wasserpumpenzange bekommen wir dann alle notwendigen Schauben am Lenker gelöst, so dass wir dort alles richten können. An der Gabel können wir aber nichts machen. Die aufgerissene Tasche wird mit Kabelbindern befestigt und die Verkleidungsschäden mit Panzerband verarztet. Ich mach dann eine kleine Testfahrt von 100 Metern und befindet das Fahrverhalten mit krummer Gabel als komisch, aber langsam fahrbar. Dann suchen wir den nächsten Campingplatz raus, der liegt bei L'Île Rousse, also fahren wir wieder zurück. Wir haben ungefähr 20 Kilometer auf der Insel geschafft... Auf dem Campingplatz angekommen buchen wir einen Platz für zwei Nächte, den wir uns wieder frei aussuchen können. Außerdem leih ich mir einen größeren Werkzeugkasten aus. Nach dem Zeltaufbau lösen wir alle Klemmungen an der Gabel und bekommen sie tatsächlich wieder gerade. Dann schnappen wir und die Badehosen und gehen ins Mittelmeer baden. Wir lesen die Beschilderung falsch und landen statt am Touri-Sandstrand in einer kleinen Bucht mit steinigem Strand, die wir mit ihrem türkisblauen Wasser für uns alleine haben. Also alles richtig gemacht.
Wir stellen fest, dass das WLAN auf dem Platz 8€ am Tag kosten soll und schauen uns nach Alternativen um... Tatsächlich hat doch die Pension auf der anderen Straßenseite ein offenes WLAN. Dann wird halt das genutzt

Campingplatz in Île Rousse, Luca versucht sich gerade als Koch
Am Abend regt ich immer wieder über mich selbst auf, weil das ganze doch einfach nur doof war, aber irgendwann können wir sogar schon darüber scherzen. Glücklicherweise sind die Schäden am Material gering, die Scheibe und Spiegel müssen eh in den nächsten zwei Jahren ausgetauscht werden, die wurden vom TÜV Menschen schon als grenzwertig bemängelt. Ärgerlich ist der Kotflügel, aber dank Panzerband geht auch das, die Satteltaschen sollten auch zu reparieren sein. Es ist trotzdem alles sehr glimpflich abgelaufen. Der erste Tag auf Korsika hätte trotzdem anders ablaufen dürfen :smrik:
Zum Sonnenuntergang bin ich nochmal runter an der Strand ein "paar" Bilder machen.
https://nox-irae.de/pictures/index.php?/category/17

Sonnenuntergang an der korsischen Küste